Das umstrittene Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 war bei den laufenden Koalitionsverhandlungen von SPD und Grüne in Baden-Württemberg die wohl „härteste Nuss“, die beide Parteien zu knacken hatten. Die SPD bestand auf die Einlösung ihres Wahlversprechens: Ein Volksentscheid soll die Bahnhofsfrage klären. Und so wird es nun auch im Koalitionsvertrag stehen.
„Wir wollen, dass die Koalition klappt“, betonte SPD-Landeschef Nils Schmid nach den intensiven Verhandlungen. Ihm war klar, dass es den Grünen schwer fallen würde, einem Volksentscheid zu Stuttgart 21 zuzustimmen. Doch für die Sozialdemokraten im Südwesten, die sich immer zu S21 bekannt hatten, ist das Votum der Bürger über das Bahnprojekt der einzig richtige Weg zur Lösung des Konflikts.
Die Hürden des Volksentscheids
Als scharfe Projektgegner steht aber auch für die Grünen viel auf dem Spiel, denn in Baden-Württemberg sind die Hürden für einen erfolgreichen Volksentscheid besonders hoch. Wenn das Land aus der Finanzierung von S21aussteigen will, müssen mindestens 2,5 Millionen Wahlberechtigte in einer Volksabstimmung dafür votieren. Und das sind mehr Stimmen, als Grün-Rot gemeinsam an Stimmen bei den Landtagswahlen auf sich vereinen konnten. Aber die Grünen-Wähler erwarten genau das vom designierten Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne): das Aus für das 4,1 Milliarden Euro teure Projekt der Deutschen Bahn.
Ausstiegsklausel bei Kostenexplosion
„Ich glaube, dass sich der Streit und der Stress gelohnt haben“, kommentierte Winfried Kretschmann den Kompromiss. So wurde festgelegt, dass das Bahnprojekt – sollte es doch zu einer Realisierung kommen – nicht mehr als 4,5 Milliarden Euro kosten dürfe. Ansonsten gibt das Land keinen Cent mehr.
In den Medien wurde bereits über ein mögliches Scheitern der Koalitionsverhandlungen spekuliert. Dabei wurde den Grünen vorgehalten, einen Volksentscheid zu fürchten. Doch der historische Chance, nach 58 Jahren dem „schwarzen Filz“ in Baden-Württemberg ein Ende zu setzen und die CDU auf die Oppositionsbank zu schicken, sollte selbst ein Streitthema wie S21 nicht im Wege stehen. Ein Kompromiss wurde ausgehandelt, mit dessen Formulierung beide Seiten leben können. Es wird bereits über die nächsten Themenfelder des Koalitionsvertrages beraten. Die Zukunft von S21 soll von nun an in anderen Händen liegen. Der Bürger des Landes kann voraussichtlich im Oktober darüber entscheiden.