Wackelt nach Irland, Griechenland und Portugal nun auch Italien? Jüngste Meldungen haben Politik und Börse aufgeschreckt. „Die Märkte sind nervös, weil es keine abschließende Antwort auf Griechenland gibt“, beklagt SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Drei der zentralen Forderungen der Sozialdemokraten: Schuldenschnitt, Eurobonds und Investitionsimpulse.
In Brüssel sitzen am heutigen Montag die Euro-Finanzminister zusammen. Aus dem regulären Treffen wurde übers Wochenende ein Krisentreffen: Erhöhte Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen und der Börseneinbruch von Aktien italienischer Banken haben die Sorge um den Defizitsünder Italien erhöht. In Agenturmeldungen wird bereits über eine Verdopplung des Rettungsschirms spekuliert.
Für SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles sind die alarmierenden Meldungen eine erneute Bestätigung der SPD-Forderung nach einem Euro-Gesamtkonzept in der Krise: „Dazu gehört, dass wir einen wirkungsvollen Schuldenschnitt machen und gemeinsame europäische Anleihen, sogenannte Eurobonds, ins Auge fassen müssen, um eine ausreichende Finanzierung zu gewährleisten“, so Nahles. Im Fall Griechenland seien Investitionsimpulse wichtig, damit das Land auch in die Lage versetzt würde, aus eigener Kraft die Schulden zu begleichen. Ins Zentrum ihrer Forderungen stellt Nahles eine Finanzmarktregulierung: „In der aktuellen Diskussion um Italien spielen zum Beispiel Leerverkäufe wieder eine große Rolle. Das Verbot von Leerverkäufen bleibt auf der europäischen Ebene weiter auf der Tagesordnung.“
Was trägt die Bundesregierung zur Lösung der strukturellen Probleme bei? Aus Sicht der Opposition zu wenig. Eine Beteiligung der Spekulanten an den Folgen der Finanzkrise über eine Finanztransaktionssteuer wäre ganz im Sinn der SPD. Doch das Problem „Spekulationsblase“ werde weiterhin nicht angegangen, ärgert sich die Generalsekretärin. „Ein Krisengipfel folgt dem nächsten und Merkel kommt immer mit leeren Händen zurück“, kritisiert sie. Die Regierungschefs dürften sich nicht zum Spielball der Märkte und der Rating-Agenturen machen lassen, mahnt die Politikerin weiter. Das sei den Staaten Europas gegenüber unwürdig und unterhöhle die Macht demokratisch legitimierter Regierungen – „und Rating-Agenturen sind nicht demokratisch legitimiert, sie sind ausschließlich Profitinteressen verpflichtet“, gibt Nahles zu bedenken.
Die Macht der Rating-Agenturen
Die Forderungen nach einer Entmachtung der Rating-Agenturen werden immer lauter. EU-Kommissarin Viviane Reding spricht nach Medienberichten heute sogar von einer „Zerschlagung“ der drei mächtigen Institute. „ Auch wir sind der Meinung, dass sie zu viel Macht haben und zu viel Macht ausüben. Aber niemand anderes als die EU selber räumt den Rating-Agenturen im gesamten EU-Recht so viel Macht ein“, hält Nahles der EU-Kommissarin entgegen. „Die EU-Kommission muss vor der eigenen Haustür kehren und den Einfluss der Rating-Agenturen in Europa zurückschrauben. Die SPD unterstützt die Gründung einer europäischen Rating-Agentur, die den drei Großen US-Instituten zur Seite gestellt werden könnte.
Nicht eine Zerschlagung der Rating-Agenturen, sondern einen Mittelweg hält Nahles für das Vernünftigste, „ dass man sich verabredet, die Macht der Rating-Agenturen in der Bewertung von angeschlagenen Ländern zu brechen.“
Mit Italien ist ein europäisches Schwergewicht in die Problemzone geraten. Sollte sich die Situation weiter zuspitzen, würde der europäische Rettungsschirm in seiner jetzigen Ausstattung nicht helfen können, werden Banker der Europäischen Zentralbank (EZB) in den Medien zitiert. Finanzexperten üben längst sehr laut Kritik am Krisenmanagement der europäischen Regierungschefs. Gewiss auch ein Thema beim Krisentreffen der EU-Finanzminister heute in Brüssel.