Spitzenverdiener werden am meisten entlastet

Veröffentlicht am 22.07.2011 in Bundespolitik

Vollmundig versprach die schwarz-gelbe Koalition für 2013 eine Steuerreform, die vor allem zwei Gruppen zu Gute kommen sollte: den mittleren und unteren Einkommen. Doch genau diese werden nur wenig entlastet - Spitzenverdiener werden dagegen deutlich mehr von den schwarz-gelben Plänen profitieren. Das ist das Ergebnis einer neuen Expertenberechnung.

„Für uns Liberale sind die Prioritäten klar: Es geht dabei vor allem um mittlere und untere Einkommen“, nannte FDP-Chef Philipp Rösler im Juni das zentrale Ziel der Pläne der Bundesregierung für eine Steuerreform für Anfang 2013. Zugleich solle die sogenannte „kalte Progression“ des Steuertarifs – eine Art heimliche Steuererhöhung, bei der Lohnzuwächse durch die höhere Einkommenssteuerbelastung zu großen Teilen aufgezehrt werden - verringert werden.

Kaum Entlastung bei unteren und mittleren Einkommen

Doch die von der Koalition verabredete Steuersenkung ab 2013 wird Arbeitnehmer mit kleinen und mittleren Einkommen kaum entlasten. Spitzenverdiener hingegen werden deutlich stärker profitieren. Zu diesem Ergebnis kommt der Steuerexperte Frank Hechtner von der Freien Universität Berlin.

Der Wissenschaftler rechnete auf Grundlage eines Schreibens des Bundesfinanzministeriums für die Süddeutsche Zeitung aus, was die geplante Reform den verschiedenen Einkommensgruppen bringen würde. Dabei wurde eine Minderung der sogenannten kalten Progression um sechs Prozent angenommen. Dies würde dem Staat Steuermindereinnahmen von fast 8 Milliarden Euro bescheren. Die Annahme gilt laut „Süddeutsche Zeitung“ in Regierungskreisen als plausibel.
Berechnet wurden die Entlastungen für alleinstehende Arbeitnehmer mit Steuerklasse eins. Die Zahlen für Verheiratete und für Eltern weichen ab:

Bei einem monatlichen Bruttogehalt von 1000 Euro beträgt die Entlastung monatlich gerade mal sechs Euro. Arbeitnehmer mit einem monatlichen Bruttogehalt von 5000 Euro würden 38 Euro sparen. Spitzenverdiener, die mehr als 250.000 Euro im Jahr erhalten, hätten die höchste Steuerersparnis von monatlich fast 79 Euro.

Bundesbank und Steuergewerkschaft halten Steuersenkungen für fahrlässig

Unterdessen wächst der Widerstand gegen die geplanten Steuersenkungen. Neben mehreren Länderchefs kritisiert auch Bundesbankpräsident Jens Weidmann die „kleine“ Steuerreform. „Angesichts der Risiken in der Finanzplanung und eines krisenbedingt sehr hohen Schuldenstands muss die Haushaltskonsolidierung Vorrang haben“, betonte er in der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Noch heftiger kritisierte der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Thomas Eigenthaler, die schwarz-gelben Steuerpläne. Steuersenkungen seien in der gegenwärtigen Lage „grob fahrlässig“. Auf Deutschland laste eine Staatsverschuldung von bald zwei Billionen Euro, aus den Griechenland-Garantien entstünden große Risiken, außerdem werde die Energiewende teuer. „In einer solchen Situation eine Entlastungsdebatte zu führen, lässt sich nur im Hinblick auf die Bundestagswahl 2013 verstehen“, sagte Eigenthaler der Süddeutschen Zeitung.