"Mut zur Unabhängigkeit"

Veröffentlicht am 29.06.2010 in Bundespolitik

Die Begeisterung in weiten Teilen der Bevölkerung für den überparteilichen Präsidentschaftskandidaten Joachim Gauck wertet der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel als Ausdruck für ein klares Interesse an Politik – und an unserer Demokratie. Den Parteien selbst müsse es zu denken geben. Und Schwarz-Gelb habe nun die Chance, "ein kleines bisschen" von Gaucks "Mut zur Unabhängigkeit" zeigen zu können.

In einem Gastkommentar für die "Welt" (Montag) wirbt der SPD-Vorsitzende für eine freie, von Weisungen der Parteien unabhängige Wahl des Bundespräsidenten. Dies ist gesetzlich zwar auch so vorgesehen. Die von Union und FDP beschworene Geschlossenheit im Wahlverhalten der von ihnen entsandten Bundesversammlungsmitglieder lässt aber anderes vermuten.

Dabei sollte die breite Unterstützung Gaucks durch die Bürgerinnen und Bürger von allen Parteien als Chance begriffen werden, unterstreicht Gabriel. "Sie strafen das undifferenzierte Gerede von der allgemeinen Politikverdrossenheit Lügen. Sie zeigen, dass ihnen unser Staat keineswegs gleichgültig ist. Und sie machen auch deutlich: Sie wollen unser Gemeinwesen nicht allein den Parteien überlassen."

Dies, auch als Zeugnis eine tiefen Unbehangens gegenüber der Art und Weise, wie "die da oben in Berlin" Politik zu machen gewohnt seien, dürfe die Politiker selbst nicht kaltlassen, fordert der SPD-Vorsitzende. In diesem Sinne sollten die Mitglieder der Bundesversammlung die Chance ergreifen und eine Persönlichkeit zum Staatsoberhaupt wählen, die ermutigen, zum Bürgersinn anstiften und zwischen Regierten und Regierenden vermitteln könne.

Wahl Gaucks wäre "kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke"

Union und FDP fordert Gabriel darum auf, ihre Wahlfrauen und –männer in der Bundesversammlung frei nach ihrer persönlichen Überzeugung abstimmen zu lassen. Joachim Gauck habe in seinem Leben hinlänglich bewiesen, dass er sich von nichts und niemanden vereinnahmen lasse. Diesen "Mut zur Unabhängigkeit" könnten auch die Mitglieder der Bundesversammlung zeigen. Seine Wahl bedeutete nicht das Ende von Schwarz-Gelb, denn die Regierungsmehrheit im Bundestag bleibe unberührt.

"Die Wahl von Joachim Gauck durch Vertreter von Union und FDP wäre kein Zeichen von Schwäche, sondern von Stärke", wirbt der SPD-Vorsitzende für einen überparteilichen Bundespräsidenten.