Kommt jetzt das Clubsterben?

Veröffentlicht am 06.07.2012 in Bundespolitik

Mit einer Tarifreform treibt die Musikverwertungsgesellschaft Gema die Clubs und Diskotheken auf die Barrikaden. Kritiker warnen vor einem Club- und Diskotheken-Sterben in Deutschland, da die Gebühren teilweise immens steigen sollen. Die SPD fordert von der Gema, ihre Gebührenordnung zu überdenken und auf die Clubbetreiber zuzugehen.

Wer kennt das nicht? Man will sich am Rechner ein Musikvideo seiner Lieblingsband anschauen und trifft auf folgenden Hinweis: „Leider ist dieses Video, das Musik von XY enthält, in Deutschland nicht verfügbar. Die Gema hat die Verlagsrechte hieran nicht eingeräumt. Das tut uns leid.“

Das mag einen ärgern, aber die „Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte“ (Gema) macht damit nur ihren Job. Die Musik-Verwertungsgesellschaft stellt, nicht nur gegenüber den wirtschaftlich stärkeren Rechteverwertern, sicher, dass die Urheberinnen und Urheber für die Nutzung ihrer Werke eine Vergütung erhalten.

Seitdem die Gema im April eine Tarifreform angekündigt hat, leidet ihr Image extrem. Vereine, Gastronomiebetriebe, Tanzlokale, Clubs und Diskotheken warnen vor enormen Kostensteigerungen.

Worum geht´s?

Die Verwertungsgesellschaft will ein neues Tarifsystem und erklärt: damit werde alles einfacher und gerechter. Sie argumentiert, viele kleine und mittlere Veranstalter müssten nach der geänderten Ordnung weniger zahlen, größere würden dagegen stärker belastet. Clubs und Diskotheken sollen für ihre Musiknutzung ab 2013 zehn Prozent des Eintritts an die Gema zahlen.

Die Rechnung der Diskotheken, Clubs und Musikkneipen sieht ganz anders aus. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) spricht von „dramatischen Tariferhöhungen“ von 400 bis 2000 Prozent! Wirte und Hoteliers könnten bei Veranstaltungen mit Tonträgermusik teilweise mit bis zu 100 Prozent höheren Gema-Gebühren konfrontiert sein.

Club-Aktion: Fünf Minuten „Musik Aus“ gegen Gema

Deutschlandweit drehten deshalb rund 600 Clubs und Diskotheken am vergangenen Wochenende kurz vor Mitternacht für fünf Minuten die Musik ab. Mit der Aktion warnten sie vor einem Club- und Diskosterben.

Auch im Internet formiert sich der Protest gegen die geplanten Gebührenerhöhungen: Bis Freitagmorgen hatten über 223.000 Menschen gegen die Reform eine Online-Petition an den Bundestag unterzeichnet. Die Petition startete im April und läuft noch drei Monate.

SPD fordert Gema zum Nachsteuern auf

Unterstützung für die Gegner kommt aus der SPD. Für Siegmund Ehrmann, Kulturpolitiker der SPD-Fraktion, trägt die Gema als Verwertungsgesellschaft zur kulturellen Vielfalt in Deutschland bei, indem sie dafür sorgt, dass Urheberinnen und Urheber die finanziellen Erträge ihrer Werke erhalten. „Die Tarif-Reform, wie sie im Moment geplant ist, hätte jedoch gegenteilige Konsequenzen“, so Ehrmann.

Er warnt, dass Gebührenerhöhungen von in vielen Fällen mehreren Hunderten oder sogar Tausenden Prozent für Club- und Diskothekenbetreiber nicht tragbar seien. „Es ist gut, dass die Gema ihre Tarifstruktur vereinfacht. Wenn sie damit aber Clubs und Diskotheken die Existenzgrundlage entzieht, ist niemandem geholfen.“

Der SPD-Politiker fordert deshalb die Gema auf, bei ihrer geplanten Tarifreform nachzusteuern. „Die Gema muss im Dialog mit den Clubbetreibern vertretbare Sätze finden und ihre Position deutlich korrigieren.“

SPD pocht auf Sozialtarif für Dorf- und Stadtfeste

Auf ein weiteres Problem macht die SPD-Bundestagsabgeordnete Ute Kumpf aufmerksam: Die neue Gebührenordnung berücksichtige „leider wieder nicht das bürgerschaftliche Engagement“. Auf ihre Nachfrage habe die Gema bestätigt, dass Stadtfeste künftig stärker belastet werden als bisher. Sie mahnt: „Die Gema-Rechnung darf kein Engagementhemmnis sein. Wir brauchen dringend einen Sozialtarif, der bürgerschaftliches Engagement berücksichtigt.“