SPD Hetzerath

Jeder fünfte Deutsche von Armut betroffen

Veröffentlicht am 25.10.2012 in Bundespolitik

Sie können ihr Miete oder Rechnungen nicht mehr rechtzeitig bezahlen, ihre Wohnung nicht ausreichend beheizen, eine warme Mahlzeit am Tag ist oft nicht drin und von einer Urlaubsreise oder einem eigenen Auto können sie nur träumen: 16 Millionen Menschen in Deutschland waren im Jahr 2011 von Armut betroffen.

Die Quote der Betroffenen ist im letzten Jahr leicht gestiegen, von 19,7 Prozent im Jahr 2010 auf 19,9 Prozent im Jahr 2011. Zu diesem Ergebnis kommt die Erhebung "Leben in Europa 2011“ des Statistischen Bundesamts, für die in Deutschland rund 13 500 Haushalte befragt wurden. Die Möglichkeiten am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen sind für diese Menschen sehr eingeschränkt, berichtete das Amt am Dienstag in Wiesbaden.

Nahles: "Das ist entwürdigend!"

Die SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verurteilte diese Entwicklung scharf. Der aktuelle Bericht sei "wieder ein Armutszeugnis für diese Bundesregierung". Die Zahlen zeigten, dass ein großer Anteil der Bevölkerung nicht in der Lage sei, durch seine Einkünfte eine Familie zu ernähren oder am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. "Das ist entwürdigend und verdient jede Anstrengung, dagegen zu kämpfen", so Nahles.

"Frau von der Leyen jedoch malt gern blumige Bilder von fleißig arbeitenden Menschen und legt ansonsten die Hände in den Schoß. Die Probleme - niedrigste Löhne, prekäre Arbeitsbedingungen, mangelnde Kinderbetreuung und fehlende Vermittlungschancen - packt die Bundesregierung nicht an. Die Mittel der aktiven Integration in den Arbeitsmarkt werden systematisch gekürzt." Wer Armut wirksam bekämpfen wolle, müsse zuerst für ordentliche Beschäftigung sorgen, sagte Nahles - und das bedeute auch "Mindestlöhne und anständige Bezahlung, familienfreundliche Arbeitsplätze und bessere Beschäftigungs- und Aufstiegschancen für Frauen."

Armut ist jung und weiblich

Tatsächlich liegt die Quote der von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffenen Frauen mit 21,3 Prozent deutlich über der von Männern (18,5 Prozent). Ältere Menschen ab 65 sind deutlich seltener (15,3 Prozent) betroffen, als Personen zwischen 18 und 64 Jahren (21,3 Prozent). Der Wert für unter 18-Jährige liegt dazwischen.

Der EU-Sozialindikator: Armutsbekämpfung voranbringen

Armutsbekämpfung zählt zu den Kernzielen der Europäischen Union. Eingeführt wurde der Sozialindikator von der EU, um die Fortschritte der Europäischen Sozialpolitik bei der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung messbar zu machen.Die Europäische Union definiert Armut oder soziale Ausgrenzung als gegeben, wenn eines oder mehrere der folgenden drei Kriterien erfüllt ist: "Armutsgefährdung“, "erhebliche materielle Entbehrung“, "Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung“. Als von Armut bedroht gelten in Deutschland Menschen, deren Einkommen unter 952 Euro monatlich liegt. Die Armutsgefährungsquote lag im Jahr 2011 bei 15,8 Prozent, 5,3 Prozent waren von erheblicher materieller Entbehrung betroffen. 11,1 Prozent der Personen lebten in einem Haushalt mit sehr geringer Erwerbsbeteiligung. Die Gesamtquote von 19,9 Prozent wird erreicht, da einige Haushalte mehrere Kriterien erfüllen.