Juristentag fordert gesetzlichen Mindestlohn

Veröffentlicht am 25.09.2010 in Bundespolitik

Mit deutlicher Mehrheit haben sich die Delegierten des 68. Deutschen Juristentags für die Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns ausgesprochen. Damit erhöht sich weiter der Druck auf Union und FDP, wirksam gegen Lohndumping vorzugehen.

Zunehmend gerät Schwarz-Gelb in der Verteidigung von Dumpinglöhnen in die Defensive. Am Donnerstag forderte nun auch der Deutsche Juristentag in Berlin einen allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn.

Dieser Mindestlohn müsse „ein angemessenes Entgelt für Vollzeitarbeit und Ernährung der Familie gewährleisten“. Die Bemessung solle zudem zusätzliche staatliche Transferleistungen im Alter überflüssig machen, entschieden die Delegierten der Abteilung Arbeits- und Sozialrecht, nachdem sich zuvor Gutachter und Referenten für eine branchenübergreifende Regelung stark gemacht hatten.

Volkswirtschaftliche Probleme unwahrscheinlich

So warb etwa das Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit (BA), Heinrich Alt für eine moderate Lohnuntergrenze als „beschäftigungsneutral oder sogar beschäftigungsfördernd“. Volkswirtschaftliche Probleme, das regelmäßig formulierte Argument von Union und FDP gegen einen gesetzlichen Mindestlohn, sahen die Teilnehmer des Juristentages nicht. Die Grundsatzentscheidung über den Mindestlohn wurde mit 185 zu 104 Stimmen angenommen.

„Der Mainstream geht Richtung Mindestlohn“
Lob für die Festlegung gab es unmittelbar vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Die Beschlüsse des Juristentags zeigten: „Der Mainstream geht Richtung Mindestlohn“, so eine DGB-Sprecherin. Auch die SPD will auf ihrem Parteitag am Sonntag die Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn bekräftigen. In dem Leitantrag des Parteivorstandes „Fairness auf dem Arbeitsmarkt“ spricht sie sich unter anderem für eine Lohnuntergrenze von 8,50 Euro aus.

Scholz: „Unüberhörbares Signal an Regierung und Gesetzgeber“
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende forderte indes die schwarz-gelbe Koalition auf, die Beschlüsse des Deutschen Juristentages ernst zu nehmen. „Es ist ein nicht zu überhörendes Signal an Regierung und Gesetzgeber, wenn der Juristentag sich für einen allgemeinen Mindestlohn ausspricht. Die eigentlichen Leistungsträger in Deutschland sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“ Scholz verwies darauf, dass über eine Million Beschäftigte in Deutschland für einen Lohn von weniger als fünf Euro pro Stunde arbeiten. Viele sind neben der Arbeit auf staatliche Unterstützung angewiesen, weil ihre Löhne zu niedrig sind. „Es ist daher richtig, wenn der Juristentag ein angemessenes Entgelt für Vollzeitarbeit fordert“, begrüßte der SPD-Vorsitzende die Festlegung.

Offen bleibt, wie die Bundesregierung mit der Empfehlung des Juristentags umgeht. Grundsätzlich gelten dessen Beschlüsse als Handlungsvorschläge für den Gesetzgeber, denen oft auch gefolgt wird. Insgesamt tagen auf dem 68. Deutschen Juristentag noch bis Freitag 3000 Juristinnen und Juristen aller Berufs- und Fachrichtungen.